Osterreiten
Bekanntester unter den religiösen Osterbräuchen der Sorben in der katholischen Region zwischen Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda. Am Morgen oder Mittag des Ostersonntags treffen sich die Prozessionen der ausschließlich männlichen Osterreiter (obersorbisch »křižerjo«) an acht katholischen Pfarrkirchen und dem Kloster Marienstern. Sie formieren sich zu zweit, die vorderen Paare tragen die farbigen Kirchenfahnen, ein mit der Stola geschmücktes Kruzifix - daher spricht man örtlich auch vom Kreuzreiten - und eine Statue des auferstandenen Christus. Mit dem Segen des Pfarrers und beim Läuten der Glocken reiten die Männer dreimal um die Kirche und danach in die Nachbargemeinde, um dieser die »frohe Botschaft von der Auferstehung Christi« zu überbringen.
Jeweils zwei Prozessionen stehen in wechselseitiger Partnerschaft zueinander: Wittichenau und Ralbitz, Crostwitz und Panschwitz (Kloster), Nebelschütz und Ostro, Radibor und Storcha; außerdem reiten die Bautzener nach Radibor und zurück. Die Züge aus den jeweiligen Partnergemeinden begegnen sich unterwegs nicht, der Hinweg der einen ist der Rückweg der anderen. Die traditionelle Streckenführung, zwischen 10 und 40 km lang, beschreibt in etwa einen Kreis. Am Zielort begrüßt der dortige Geistliche die Reiter gemeinsam mit Ministranten, zu bes. Anlässen auch mit Braut- oder Ehrenjungfern, den Druschkas. Die Reiter erhalten bei Familien oder im Pfarrhaus einen Imbiss bzw. (in Wittichenau und Ralbitz) ein Mittagessen und besuchen eine Andacht. Hin- und Heimritt verlaufen unter Gesang und Gebet; dreimal umritten wird meist auch der Friedhof, das Totengedenken ist Bestandteil des Rituals.
Die Osterreiter sind festlich gekleidet, inzwischen reiten alle in schwarzem Gehrock, Stiefeln und Zylinder. Die Pferde werden herausgeputzt, ihre Mähnen frisiert, (teilweise geschmücktes) Zaumzeug und Satteldecken stammen häufig aus Familienbesitz. Die neun Prozessionen zählen jeweils zwischen 50 und 400 Osterreiter, sie besitzen im Äußerlichen kleine Eigenheiten. Zugelassen sind kath. Männer und Burschen ab dem 14. Lebensjahr. Nur als Ausnahme werden evangelische Teilnehmer akzeptiert. Frauen beteiligen sich an der Prozession nicht, sie übernehmen jedoch bestimmte Aufgaben bei der Vor- und Nachbereitung des Brauchs.
Aus: Sorbisches Kulturlexikon, Domowina-Verlag, 2014, Stichwort „Osterreiten“, S. 304 f.
Fotos aus: Osterreiten, Domowina-Verlag, 2018
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